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Computermodelle für profitable Wasserkraft

Die Schweizer Wasserkraftindustrie musste in den letzten Jahren einen Verfall der Marktpreise für ihren Strom hinnehmen. Ob und wie die Stromerzeuger in Zukunft dennoch Geld verdienen können, hat dieses Forschungsprojekt untersucht.

Zusammenfassung des Forschungsprojekts «Marktsituation der Wasserkraft». Dieses Projekt ist Teil des Verbundprojektes «Die Zukunft der Schweizer Wasserkraft».
Damit Wasserkraftwerke im freien Markt Gewinne machen können, sind präzise Berechnungen nötig.
Damit Wasserkraftwerke im freien Markt Gewinne machen können, sind präzise Berechnungen nötig. Adobe Stock/handlar
Auf einen Blick

Auf einen Blick

  • Die Grosshandelspreise für Strom auf dem europäischen Markt sind gefallen und bleiben vermutlich über die nächsten Jahre tief. Dies erschwert Wasserkraftbetreibern ein profitables Geschäft.
  • Diese Forschungsarbeit zeigt, dass es keine einfachen Wege zu grossen Gewinnen gibt, doch mit geschickter Planung der Produktion sollte sich zumindest das Niveau der letzten Jahre halten lassen.
  • Der Hauptfaktor für die künftige Profitabilität der Schweizer Wasserkraft ist die Entwicklung des zentraleuropäischen Strommarktes – und dieser ist zu einem grossen Teil ausserhalb der Einflusssphäre von Schweizer Unternehmen und Politik.

Das einst profitable Geschäft der Wasserkraftbetreiber in der Schweiz ist schwierig geworden. Durch die Installation von zahlreichen Wind- und Sonnenenergiepärken sind die Grosshandelspreise auf dem europäischen Markt gefallen. Doch gerade wegen des Ausbaus der neuen Erneuerbaren braucht es die Wasserkraft als stabilisierendes Element im Stromnetz. Allerdings wird sich das schwierige Marktumfeld in den nächsten Jahren wahrscheinlich nicht ändern – Stromproduzenten müssen sich also für längere Zeit darauf einstellen. Wie können die Stromunternehmen künftig trotzdem profitabel wirtschaften? Dieser Frage sind Forschende in diesem Projekt nachgegangen.

Wie Profite möglich gewesen wären

Zunächst analysierten die Wissenschaftler die historische Entwicklung der täglichen Energiepreise von 2011 bis 2015. Dabei wurde klar: Über die Jahre sind die Erlöse deutlich gesunken – für grosse Staumauern um 20 Prozent, für die Kleinwasserkraft gar um 30 Prozent. Dies zeigt, dass von den schwankenden und sinkenden Preisen nicht alle Kraftwerksklassen im gleichen Mass betroffen sind. Im Allgemeinen können sich grosse Werke besser behaupten, denn sie verfügen über grosse Speicherkapazitäten und können Wasser stauen und erst dann Strom produzieren, wenn dies wirtschaftlich interessant ist. Dennoch zeigt die Untersuchung klar: Die Verdienste aller Kraftwerksbetreiber gingen zurück.

Dann berechneten die Wissenschaftler mit einem Computermodell mit realistischen Annahmen, wie die Verdienste in der Vergangenheit ausgesehen hätten, wenn die Betreiber ihren Strom auf dem sogenannten Regelenergiemarkt verkauft hätten. Bei diesem Markt geht es darum, Stromschwankungen im Netz rasch auszugleichen, entweder durch Drosselung oder Erhöhung der Produktion. Gemäss der Simulation hätte der Erlös mit dieser Strategie trotz den schwierigen Marktbedingungen um 4 bis 13 Prozent gesteigert werden können. Allerdings geben die Forschenden zu bedenken, dass nur ein Bruchteil aller Wasserkraftproduzenten der Schweiz diese Profite erzielen können, da der Markt für Regelenergie in der Schweiz klein ist.

Szenarien der künftigen Entwicklung

Basierend auf diesen Erkenntnissen entwickelten die Forschenden dann verschiedene Szenarien der künftigen Marktentwicklung bis ins Jahr 2030. Kohle- und Gaspreise, Kosten der CO2 -Zertifikate aber auch die entsprechenden Preise auf dem Regelenergiemarkt flossen in die Szenarien ein.

Zwar verkleinern sich die Profitmöglichkeiten auf dem Regelenergiemarkt künftig wohl, denn wenn mehr Marktteilnehmer mitmischen, werden die Preise fallen – in den Berechnungen der Forschenden um 7 bis 16 Prozent. Einen grossen Einfluss haben auch die Treibstoff- und CO2 -Zertifikatspreise. Insgesamt sehen die Forschenden aber Chancen, wie die Wasserkraftwerke mit geschickter Planung und flexibler Produktion auch künftig noch Gewinne erzielen können. Dieses Resultat bestätigten sie dann in zwei Fallstudien mit Wasserkraftwerken im Wallis und im Tessin. Dies ist ein Beleg dafür, dass die allgemeinen Erkenntnisse repräsentativ für die Schweizer Wasserkraftwirtschaft sind.

Allerdings: Einfach wird das Geschäft nicht. Und die Forschungsarbeit zeigt, dass es keine Lösung gibt, die für alle gleichermassen gilt – die lokalen Bedingungen jeder einzelnen Installation müssen stets berücksichtigt werden. Die Wasserkraftbetreiber sind also gefordert. Die Resultate des Projekts – öffentlich verfügbare Modelle und Preiskurven – seien dabei hilfreich, so die Forschenden, insbesondere für kleinere Betreiber, die sich selbst keine aufwändigen Berechnungen von Szenarien leisten können.

Kontakt und Team

Prof. René Schumann

Institut für Wirtschaftsinformatik
HES-SO Valais/Wallis
Rue de Technopôle 3
3960 Sierre

+41 27 606 90 96
rene.schumann@hevs.ch

Prof. Dr. Hannes Weigt

Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Universität Basel Peter Merian-Weg 6 4002 Basel

+41 61 207 32 59 hannes.weigt@unibas.ch

René Schumann

Projektleiter

Hannes Weigt

Alle Aussagen dieser Seiten bilden den Stand des Wissens per 10.05.2019 ab.